Inflationsgetriebener Goldturbo?
Ein Marktbericht von Arndt Kümpel
Während die Märkte in den letzten Tagen mit der Flip-Flop-Taktik der US-Regierung in der Handelspolitik haderten, sorge die Veröffentlichung der US-Stundenlöhne für Oktober am vergangenen Freitag für eine klare Reaktion. Denn diese stiegen mit einer Jahresrate von 3,1 % so stark wie zuletzt im April 2009. In Reaktion darauf überwand die 30-jährige US-Staatsanleihe ihre seit 5. Oktober 2018 laufende Konsolidierung und schloss 7 Punkte höher bei 3,45 % - so hoch wie seit Anfang Juli 2014 nicht mehr. Ganz offensichtlich preisen die Anleihemärkte eine Versteifung der US-Inflation ein. Und auch die Bereitschaft der US-Notenbank, die Zinsen weiter zu erhöhen, wird durch die letzten Zahlen gestärkt, denn die Jahresrate liegt mit 2,3 % im September 2018 über dem oberen Zielband.
Dieser Trend ist vor allem deshalb von Bedeutung, da die Inflation den Realzins mitbestimmt, der die Attraktivität aller realen und Finanzanlagen wesentlich beeinflusst. So, wie niedrige Zinsen und inflationsarmes Wachstum Anleihen und Aktien seit der Finanzkrise vor 10 Jahren Rückenwind boten, so zehrt eine höhere Inflation an der realen Rendite von Anleihen und verringert den Barwert von Investitionen. Die insgesamt hohe Verschuldung weltweit macht die Anleger dabei insgesamt zinssensibler, auch deshalb, weil der Wert der Kreditsicherheiten bei steigenden Zinsen sinkt.
Zu den Vermögenswerten aber, die durch höhere Inflation attraktiver werden, gehören insbesondere physische Edelmetalle. Denn zum einen sinkt ihr Barwert (abdiskontierter Ertrag) bei steigendem Zinsniveau nicht, zum anderen besitzen sie kein Ausfallrisiko, weil sie per se keine Verbindlichkeit sind. Nicht zuletzt deshalb ist eine steigende Inflation ein bedeutender positiver Faktor ihrer mittelfristigen Preisentwicklung.
Unter den Edelmetallen ist jedoch die Sensibilität gegenüber der Änderung der Inflation nicht gleich stark. Gold besitzt als klassische historische Notenbankreserve einen stärkeren Charakter als Geld, während vor allem Silber in der Vergangenheit zwischen 40 und 100 Prozent stärker auf einen Anstieg (und Rückgang) der Inflation reagierte als Gold. Erwartet der Anleger nun eine tendenziell steigende Inflation, bietet sich aus antizyklischer Sicht deshalb auch Silber als Investment an. Hinzu kommt, daß das Gold-Silber-Ratio am Freitag bei 83,7 lag, d.h. für eine Unze Gold erhält man 83,7 Unzen Silber, was Silber historisch gegenüber Gold sehr preiswert macht. In den Jahrtausenden der Verwendung von Gold und Silber als Geld lag das Verhältnis lange Zeit zwischen seinem aktuellen Abbauverhältnis 1:9 - so etwa in der lateinischen Münzunion (1:15,5) - und dem Verhältnis nach der Entmonetarisierung des Silbers mit nachfolgendem Überangebot (1:100). Nach der Abkopplung des US-Dollars von der Goldbindung 1971 betrug es von 1973 bis heute im Durchschnitt 1:58. Insofern stellt physisches Silber in gewisser Weise ein historisch preiswertes Hebelinvestment auf Gold mit einem Hebel von 1,4 – 2 ohne Laufzeitende, Aufgeld, Gegenparteienrisiko und Falschberatungsrisiko durch Banken dar.
04.11.2018 - Arndt Kümpel - a.kuempel@emh-group.de
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H. Zamani
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04.11.2018 17:32:32 Uhr
Kompetent und aussagekräftig, leicht zu verstehen. Sehr gut Danke
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C. T.
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04.11.2018 19:59:58 Uhr
Dem kann ich mich nur anschließen. Freue mich schon auf die nächsten Newsbeiträge!